Schulden made in Germany

Schulden made in Germany

Sarna Röser, Kolumne FOCUS MONEY, März 2023

Immer neue Sondervermögen aufzulegen ist keine Option mehr. Deutschland braucht jetzt eine ehrliche Haushaltspolitik, bei der jeder Minister die Sparpotentiale in seinem Ressort nutzt.

Beim Geld hört die Freundschaft auf, das zeigte zuletzt der Haushaltsstreit zwischen Wirtschaftsminister Habeck und Finanzminister Lindner ganz deutlich. Per Brief lieferte man sich öffentlich einen Schlagabtausch. Kern des Streits war die altbekannte Frage: Braucht es mehr Geld für den Staat? Statt sich an die beschlossenen Eckwerte für den Haushalt 2024 zu halten, zogen die Grünen ihre Zustimmung zurück und verlangten Vorschläge zur Einnahmenerhöhung, was nichts anderes als Steuererhöhungen bedeutet. Kanzler Scholz schlug sich daraufhin öffentlich auf Lindners Seite. Er berief sich auf den Koalitionsvertrag, in dem keine Steuererhöhungen vorgesehen sind, und auf die Rückkehr zur Schuldenbremse. Damit ist klar, dass nicht alle Wunschprojekte der Regierungsparteien finanzierbar sind, aber welche dadurch verschoben werden müssen, blieb vorerst offen.


In diesem Streit wird wieder mal das unterschiedliche Weltbild der Parteien deutlich: Grüne Bevormundung vs. freiheitliche Marktwirtschaft. Mehr Bürokratie vs. weniger Staat. Statt sich an abgestimmte Budgets zu halten, werden neue Streitpunkte eröffnet. So kann es nicht weitergehen! Seit Jahren marschiert Deutschland in Richtung Staatswirtschaft. Gleichermaßen werden seit Jahren Arbeitnehmer und Arbeitgeber immer weiter finanziell ausgesaugt, ein Ende ist nicht in Sicht. Ganz prominent sehen wir das in drei Bereichen: Vom 480 Milliarden Euro schweren Gesamthaushalt fließen allein über 200 Milliarden Euro in die Sozialausgaben, Tendenz steigend. Besonders die Rentenpolitik ist hier alles andere als zukunftsgewandt. Heute wird ein Rentner von fast drei Beitragszahlern finanziert, in nicht einmal zwei Generationen wird es fast nur noch einer sein. Dass diese Rentenpolitik das Gegenteil von finanzieller Nachhaltigkeit ist, liegt auf der Hand. Auch der enorme Ausbau des Personalbestands in der öffentlichen Verwaltung verursacht immense Kosten. Seit 2005 ist das Personal in den Bundesministerien von 20.000 Stellen auf über 25.000 Stellen gewachsen – 2022 sollen weitere 750 Planstellen hinzukommen. Allein das Bundeskanzleramt wird derzeit noch mal um 50.000 Quadratmeter erweitert. Und wird damit doppelt so groß wie bisher! XXL statt Entschlacken lautet die Devise. Quantität, mehr Regulierung und mehr Abstimmungsschleifen, das ist die besorgniserregende Entwicklung. Zuletzt hinterfrage ich auch die diversen Hilfsmaßnahmen und Subventionsprogramme der Bundesregierung. Waren hier wirklich alle zielgerichtet und verhältnismäßig? So wurde beim 9-Euro-Ticket der wirkliche Nutzen nicht geprüft und staatliche Förderungsmaßnahmen für einzelne Unternehmen wenig hinterfragt. Auch der immer noch erlaubte erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld lässt Fragen zu. Zu Beginn der Pandemie im Jahr 2020 war das teure Instrument völlig richtig, um Beschäftigung zu sichern, aber seither wird es immer wieder verlängert, obwohl inzwischen in vielen Unternehmen die offenen Stellen gar nicht mehr besetzt werden können. Trotzdem zahlen wir alle über unsere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung weiterhin für 400.000 Kurzarbeiter, die so vom Arbeitsmarkt ferngehalten werden. Die Arbeitslosenversicherung ist dadurch so tief in die roten Zahlen gerutscht, dass Beitragserhöhungen für alle Arbeitnehmer in der Luft liegen.


Statt sich also auf seine Kernkompetenzen zu besinnen, ist der Staat weiterhin mit der Geld-Gießkanne unterwegs. Und das, obwohl für 2023 bereits eine Neuverschuldung in Höhe von 45,61 Milliarden Euro vorgesehen ist. Das Motto von einigen in der Regierung scheint: „Wenn man denkt, es geht nicht mehr, müssen neue Schulden her.“ Von einem verantwortungsvollen Umgang mit Staatsgeldern fehlt jede Spur. Stattdessen bewegen wir uns in Richtung eines toxischen Schuldenstaats. Der Bundesrechnungshof warnt deshalb zurecht vor einem drohenden Kontrollverlust der Bundesfinanzen. Wer die übertriebene Ausgabenpolitik am Ende bezahlen muss? Mittelfristig: der steuerzahlende Bürger. Langfristig: die arbeitenden nachfolgenden Generationen. Statt das anzuerkennen und endlich gegenzusteuern, verschließend die verantwortlichen Minister die Augen. Wussten Sie eigentlich, dass mittlerweile jedes Neugeborene mit einem Schuldenberg im fünfstelligen Bereich auf die Welt kommt? Von den düsteren Aussichten auf eine sichere Rente mal ganz abgesehen. Die Haushaltspolitik verfolgt seit Jahren das Motto „Nach mir die Sintflut“. Klar ist, der Wirtschaftsstandort Deutschland ist geschwächt. Die Schuldenuhr tickt weiter. Vorrangig gilt, dass wir den kommenden Generationen keine finanziellen Belastungen hinterlassen dürfen. Der Staat muss sich mal am Riemen reißen und mit dem auskommen, was er hat. Denn die Schulden von heute sind die Steuern von morgen. Für den kommenden Haushalt halte ich einen Fokus auf Bildung, Sicherheit und Infrastruktur deshalb für sinnvoll. Zukunftsinvestitionen, also etwa die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur, der Ausbau der digitalen Netze und ein digitales Entschlacken der Verwaltung sind an der Zeit. Nur so kann unser Land auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben.


 
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